GPL unter kommerzieller Nutzung

Das Imixs Workflow Projekt wird unter der GNU General Public License (kurz GPL) entwickelt und steht damit unter einer der stärksten freien Open Source Lizenzen. Häufig wird in diesem Zusammenhang die Frage gestellt, ob den überhaupt eine kommerzielle Nutzung von Software unter dieser Lizenz noch möglich ist. Ich möchte anhand eines Beispiels verdeutlichen das die GPL und eine kommerzielle Verwertung von Software sich nicht gegenseitig ausschließen. Es ist sicher eines der häufigsten Missverständnisse in Zusammenhang mit der GPL, dass diese den Verkauf von Software einschränken oder behindern würde. Das dies nicht so ist, soll dieses Beispiel zeigen.

EIGENE SOFTWARE MIT HILFE VON GPL SOFTWARE ENTWICKELN

Im folgenden gehe ich davon aus, dass Sie selbst Softwareentwickler in einem Unternehmen sind, welches kommerzielle Software für verschiedene Kunden entwickelt. Für einen Ihrer Kunden soll nun eine neue Urlaubsdatenbank entwickelt werden. Der darin enthaltene Genehmigungsprozess für neue Urlaubsanträge soll mit Hilfe der Imixs Workflow Komponenten implementiert werden. Dies ist ein typischer Anwendungsfall für den Einsatz des Imixs Workflow Systems.

Aber was bedeutet dies nun in Bezug auf die GPL? Die Imixs Workflow Komponenten stehen wie gesagt unter der GPL. Da die entwickelte Anwendung direkt gegen diese GPL Bibliotheken verlinkt, greift hier die GPL. Die Folge ist nun tatsächlich, dass die von Ihnen entwickelte Urlaubsverwaltung selbst auch wieder unter die GPL fällt! Man bezeichnet dies auch als ‚Infektion durch die GPL‘. Diese Bezeichnung klingt nicht sehr schön da man hier eher an eine Krankheit denkt als an ein Konzept zur Weitergabe eines Nutzungsrechts. Der Effekt der ‚Infizierung‘ tritt aber nur dann ein, wen die verwendeten GPL Komponenten direkter Bestandteil der eigenen Software werden. Genau dies ist aber in unserem Beispiel hier der Fall.
(An dieser Stelle möchte ich auch kurz anmerken, das ein direktes Verlinken gegenüber den Imixs Bibliotheken nicht zwingend erforderlich ist, so dass die GPL hier nicht in jedem Fall angewendet werden muss. Beispielsweise kann das Imixs Workflow System über die REST Schnittstellen angesprochen werden was die Verlinkung überflüssig macht. Dies soll aber in diesem Beispiel nicht weiter betrachtet werden.)

GPL SOFTWARE VERKAUFEN?

Kommen wir nun zur Frage wie sich die GPL tatsächlich auf die für Ihren Kunden entwickelte Software auswirkt. Da die GPL eine kommerzielle Verwertung von Software ausdrücklich erlaubt, sind Sie weiterhin in der Lage ihre Urlaubsanwendung an Ihren Kunden zu verkaufen. Und dies, obwohl ihre Anwendung nun unter die GPL fällt. Eine Beeinträchtigung gegenüber irgend einer anderen Lizenz ist hier also gar nicht festzustellen. Alle weiteren typischen vertraglichen Einigungen, welche in Zusammenhang von Software entstehen – z.B.: Wartungsverträge, Kostenpflichtige Software Upgrates, Supportverträge – werden von der GPL ausdrücklich unterstützt.

Worin besteht also die ‚Gefahr‘ durch die GPL? Die GPL räumt jedem Nutzer die Freiheit ein, die Software in jeder Weise selbst zu verwenden. Und dies beinhaltet natürlich selbst auch wieder die kommerzielle Nutzung! D.h. Ihr Kunde kann nun die von Ihnen erworbene Software selbst wieder an Dritte weiterverkaufen. Und zwar zu einem beliebigen Preis und beliebig oft. Sie können Ihm dies nicht verbieten. Da nun aber auch wieder sämtliche Kunden Ihres Kunden das selbe Recht erhalten könnte so ein vitaler Handel mit Ihrer Software entstehen. Das Angebot ist theoretisch unbegrenzt, so dass nach den Gesetzen der Marktwirtschaft der Preis ihrer Software bis auf die reinen Kosten für die Weitergabe abfallen kann. Darauf haben Sie selbst keinen Einfluss mehr.

DER WERT VON GPL SOFTWARE?

Ist also GPL Software damit nichts wert? Sicherlich nicht. Immerhin hat in unserem Beispiel Ihr Kunde den von Ihnen geforderten und damit einen angemessenen Preis für Ihre Software bezahlt. Warum hat er das eigentlich gemacht? Der Grund ist offensichtlich – Sie haben diese Software entwickelt. Und damit sind Sie Urheber der Software. Der Entscheidende Punkt ist hier, dass Sie durch die GPL ihr Urheberrecht nicht aufgegeben haben. Was bedeutet dies nun in der Praxis?

Jeder Veränderung der Software die Ihr Kunde an der von Ihnen entwickelten Urlaubsverwaltung vornimmt, greift in Ihr persönliches Urheberrecht ein. Dies bedeutet, dass sämtliche Modifikationen an Ihrer Software auch Dritten (und somit auch ihnen selbst) zur Verfügung gestellt werden müssen. Kurz kann man dies mit dem Satz ‚einmal GPL immer GPL‘ ausdrücken. Ihr Kunde kann Sie somit nicht darin beschränken, die von ihm durchgeführten Modifikationen selbst zu nutzen. Als Urheber der Software besitzen Sie also in der gesamten Kette das stärkste Recht. Anders ausgedrückt : Jede Modifikation an Ihrer Software muss ebenfalls frei verfügbar gemacht werden.

Wie bereits oben aufgezeigt, würde somit auch jede Modifikation der Software durch die ‚Infizierung‘ mit der GPL eine kommerzielle Vermarktung schnell zum Erliegen bringen, da natürlich hier die selben Regeln greifen.

DUAL LICENSING

Scheinbar kann dieser Kreislauf nicht durchbrochen werden. Und dennoch gibt es hoch profitable Softwaresysteme auf Basis der GPL. Eines dieser Beispiele ist MySQL. Immerhin wurde dieses Softwaresystem schon zweimal für mehr als eine Milliarde Euro verkauft!

Hier kommt das Dual Licensing Verfahren zum Einsatz. Nach dem Urheberrecht hat der Inhaber der ausschließlichen Rechte an einem Werk die alleinige und freie Entscheidungsbefugnis darüber, ob, von wem und unter welchen Bedingungen dieses genutzt werden darf. Einem Programmierer ist es also nicht verwehrt, seinen Code unter verschiedene Lizenzen zu vertreiben, wenn er dies für sinnvoll erachtet. An dieser rechtlichen Situation ändert sich auch dann nichts, wenn der Urheber sein Programm der GPL unterstellt, denn dieser Akt führt nicht zum Verzicht auf die urheberrechltichen Befugnisse.

Das bedeutet, dass Sie als Urheber ihrer Urlaubsverwaltung diese jeder Zeit neben der GPL unter eine zweite proprietäre Lizenz stellen können und Ihrem Kunden Ihre Software unter dieser Lizenz verkaufen können. Sie können so Ihrem Kunden das Recht einräumen, selbst Modifikationen an Ihrer Software vorzunehmen und diese kommerziell zu nutzen, ohne diese erneut unter die GPL zu stellen. Diese Recht besitzen Sie aber immer nur dann, wen Sie auch alleiniger Urheber der Software sind.

Zurück zu unsere Beispiel: Sie können also für Ihre Urlaubsverwaltung Ihrem Kunden nur dann eine alternative Lizenz verkaufen, wenn Sie dieses Recht von den Urhebern fremder Komponenten erhalten haben. Zunächst unterliegen aber die Imixs Workflow Komponenten weiterhin der GPL und damit auch Ihre eigene Software, da Sie hier selbst nicht das alleinige Urheberrecht besitzen. Dies ändert sich in dem Moment, in dem Sie von den Urhebern der Imixs Workflow Komponenten eine alternative Lizenz erhalten. Ob Sie solche erweiterten Rechte für den Vertrieb Ihrer Software benötigen, müssen Sie selbst entscheiden. Sie benötigen diese Rechte aber genau dann, wen Sie das Werk an Dritte unter Anwendung einer anderen Lizenz weitergeben möchten.

FAZIT

Zusammenfassend kann man sagen das die GPL eine sehr freie, offene und weitreichende Lizenz ist. Ein kommerzielle Verwertung von Software welche unter der GPL steht ist ausdrücklich erlaubt. Eine Software welche unter der GPL steht kann jeder Zeit  unter eine alternative – zweite – Lizenz (Dual licensing) gestellt werden, solange der Inhaber das Urheberrecht an dieser Software besitzt. Die Idee der GPL ist es, die Rechte der Software Entwickler zu schützen und nicht den Wert ihrer Arbeit zu verwässern.

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